Der schöne Schein der „schwarzen Fassaden“
„black magic“
Der Trend zu den samt schwarzen, karbonisierten Yakisugi- oder Shou Sugi Ban-Fassaden ist bei Architekten und Bauherren ungebrochen beliebt.
Das Verfahren, die Oberfläche des Holzes zu verkohlen – in der Fachsprache Pyrolyse genannt – ist sehr alt und steht in Verbindung mit Begriffen wie: langlebig, wartungsarm, kein Farbanstrich nötig, keine chemischen Holzschutzmittel, das so konservierte Holz ist vor Schimmelpilzen, Insekten, Fäulnis und Wasser geschützt, robust, haltbarer, feuerhemmend.
Wohnhaus | Außenecke | November 2023
Fertigstellung September 2019
Muster des verwendeten Materials
Nordische Fichte, karbonisiert
Fassadenausschnitt | Bild vom Juli 2023
Leider landen aktuell viele dieser „schwarzen Fassaden“ auf dem Tisch des Sachverständigen Peter Klumpp.
Je nach Verkohlungstechnik und verwendeter Holzart beginnt sich die Kohleschicht bereits im ersten und zweiten Jahr nach der Montage abzulösen.
Das Holz darunter liegt dann frei, und was mit „natürlichem Vergrauen“ dieser kahlen Stellen betitelt wird, stellt sich in vielen Fällen als Schimmelpilzbefall heraus.
Alles Themen, die die Nutzer explizit vermeiden wollten. Was bleibt, ist ein unästhetischer, abgewetzter „used look“.
gleiche Fassade | Bild vom November 2023 | dreieinhalb Monate später
Planerinnen und Planer sind gut beraten, ihre Kunden schriftlich im Vorfeld auf diese möglichen Veränderungen hinzuweisen.
Sonst kann aus dem Ärger für die Bauherren der exquisiten Fassade auch ein Planungsfehler für die Architekten werden.
Erläuterung der Holzarten
Die Übersetzungen aus dem japanischen zur Yakisugi- oder Shou Sugi Ban-Methode können für Verwirrung sorgen. Der Begriff „sugi“ wird zuweilen mit „Zeder“ übersetzt. Einfacher wird es, die lateinischen Namen sowie die Ordnungen und Familien zu betrachten.
In Japan wird für die karbonisierten Fassaden die Holzart Cryptomeria japonica, die japanische Sicheltanne, verwendet – auch Yaku-Sugi genannt.
Die prächtigsten Sicheltannen stammen von der japanischen Insel Yakushima. Hier wurde ein über 100 km² großer Sicheltannenwald zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.
Die Sicheltanne gehört zur Familie der Zypressengewächse in der Ordnung der Koniferen. Ihr Holz gilt als insekten- und schimmelpilzabweisend.
Das Holz von Zedern, lateinisch Cedrus, zählt zur Familie der Kieferngewächse in der Ordnung der Koniferen. Ihr Holz gilt ebenso als insekten- und schimmelpilzabweisend.
In Deutschland wird zur Herstellung von Shou Sugi Ban-Fassaden das Holz von Nordischer Fichte, Sibirischer Lärche, Douglasie (alle drei Arten gehören zur Familie der Kieferngewächse) , Red Cedar (Gattung der Lebensbäume/Thuja – nicht zu verwechseln mit Zedern/Cedrus) und Eiche (Familie der Buchengewächse) verwendet.
Die Wahl der Holzart hat auf jeden Fall einen Einfluss auf die spätere Entwicklung der Fassade, wenn sich die Karbonisierungsschicht verabschiedet hat.
Autorin: Veronika Kergaßner